Freitag Nachmittag. 15:15 Uhr. Es herrscht tropisches Klima. Ich ziehe mir meinen Safarihut (heute Morgen habe ich ihn noch für ein einfaches Modeaccessoir gehalten, doch
nun hat er seine wahre Bestimmung gefunden) etwas tiefer in die
Stirn, weil mich die zahllosen Glühbirnen von der Decke blenden. Dort oben finden sich auch einige Bücher, die wie Lianen über meinem Kopf baumeln. Eigentlich praktisch. Da könnte man beim Baum-zu-Baum-Schwingen auch noch unterhaltsamen Lesestoff studieren.
Es folgen Comic-Figuren, die mit ihrem Fallschirm zum Landeanflug auf das rege Dschungeltreiben unter sich ansetzen. Der
Boden ist mit einer Art blauem Teppich ausgelegt und es kommt mir ein bisschen so vor, als würde ich durch seichtes Amazonas-Wasser
waten, in dem sich bestimmt einige fette Goldfische der Buchbranche tummeln. Es gestaltet sich nur als etwas schwierig, einen davon zu
fassen – denn sie sind schnell, sehr glitschig und außerdem von unzähligen
Besucheralgen umgeben, die mir kaum eine freie Sicht auf meine Umwelt
ermöglichen. Ja, es herrscht reges Treiben. Ein Lärmpegel, als würde sich eine Truppe Dschungeläffchen um die letzte Banane streiten und wo man auch hinsieht, wird Beute in Form von vielen Tüten in allen Größen und Farben durch die Korridore geschleppt.
Ich bin im Dschungel der tausend Bücherbände gelandet. Ein GLÜCKSkind auf der
Frankfurter Buchmesse 2015. Ich recke meinen Kopf erst einmal in alle Richtungen, um mich zu orientieren. Ah ja. Ok. Das nächste Mal, bringe ich ein Fernglas mit. Vielleicht geht
das dann einfacher. Kurzerhand entschließe ich mich einfach dazu loszulaufen und zwar so schnell und ungestüm, als würde ich einen Ritt auf einem trompetenden Elefanten wagen. Kann ja
nichts passieren. In diesem Dschungel, habe ich mir sagen lassen, soll es keine lebensbedrohlichen Tiere geben. Also los.
Kaum habe ich diesen
Entschluss gefasst, wird mir von Seraphina Path – Autorin von „GLÜCKSzufall“
(erschienen im Selbstverlag), ein kleines rosa Säckchen in die Hand gedrückt.
„GLÜCKSbotschaft“ steht darauf. Ich möchte spontan einen Freudentanz aufführen (macht mich das jetzt zu einem Bücher-Buschmenschen?!),
weil ich mich so darüber freue, auch hier Verbündete gefunden zu haben. Ich entscheide mich dann aber doch lieber dafür,
mir ganz brav eines der kleinen Kärtchen im Inneren des Beutels näher anzusehen. Ohne Regen - äh - Freudentanz versteht sich. Das fällt nämlich weniger auf.
„Lass Dich nicht von äußeren Umständen ablenken, sondern folge stets Deiner
Intuition und Deinem Herz.“ Puhh, denke ich. Das wird schwierig. Ich versuche
es trotzdem irgendwie umzusetzen und fange mutig an, mir einen Weg durch die
Besucheralgen zu bahnen, um einige Goldfische der großen Verlage einzufangen. Meine Angelruten á la "Nimmt kein Blatt vor den Mund" natürlich im Gepäck.
Ich komme mir vor wie Alice,
die ganz unverhofft durch ihr Kaninchenloch fiel und auf der anderen Seite, mit Augen so groß wie Unterteller, im Bücherwunderland von einer Attraktion zur Nächsten wandelt. Und die einzige "Gefahr", die ihr dabei im Nacken sitzt, ist die rote Königin namens Zeit … denn die läuft einem hier wirklich davon. Und dabei reite ich immer noch auf meinem imaginären Elefanten …
Es gibt gemütliche Sofaecken, bunte, japanische Kuscheltiere, Feder-Mobiles, weiße Gliterzbäume, und natürlich Bücher, Bücher, Bücher – in allen Farben und Formen. Zudem werden zahllose Lesungen und Info-Veranstaltungen gehalten, auf denen Autoren und andere wichtige
Persönlichkeiten zu Themen wie „Selfpublishing“ ihre Meinung kundtun. Auch
Thomas Gottschalk lässt es sich nicht nehmen, seine jüngst erschienene
Biographie vorzustellen, die er mit sehr viel Charme und Witz einzuleiten versteht
– auch wenn man ihn vor lauter wallenden Besucheralgen fast nicht sehen kann.
Obwohl – besonders große Goldfische schillern selbst durchs dichteste Gestrüpp.
Ich bin natürlich nicht ohne Grund gekommen – nicht nur,
weil mich die Neugier packte und ich mir vornahm auch einmal Teil dieses Events
zu sein, sondern auch weil ich auf der Suche nach Literatur fürs Herz bin.
Worte, die auch etwas für meine GLÜCKSpilze sein könnten und von denen ich
ihnen dann hier, in meinem kleinen GLÜCKSnest, erzählen kann. Und - siehe da - ich
werde tatsächlich fündig – „Die Kunst des Schnurrens“ von David Michie und
„Monsieur Jean und sein Gespür für Glück“ von Thomas Montaner, haben besonders
meine Begeisterung geweckt und ich lasse es nicht aus, die Verlage ganz
freundlich um ein Ansichtsexemplar zu bitten (Angelrute "Nimmt kein Blatt vor den Mund" war mal wieder besonders aktiv …), das hoffentlich bald seinen Weg
in meinen Briefkasten findet, damit die nächste Buchrezension nicht lange auf sich warten lässt.
Zwischen hohen Regalen erspähe ich immer wieder scheinbar wichtige Leute, die sich an kleinen Tischen zwischen Cappuccino und Sprudelwasser zu für mich nicht entzifferbaren Themen austauschen. Eigentlich würde ich da jetzt auch gern sitzen und einen Lektor bezüglich der Applepie Stories bequatschen. Doch die rote Königin legt dann wieder mal ihre spitzen Finger auf meine Schulter und ich muss mir eingestehen, dass sich das ohne Termin als äußerst schwierig gestaltet. Also am besten vorab bei den Verlagen anrufen und Termine vereinbaren. Da habe ich wieder was gelernt.
Ab 18 Uhr sind alle in Feierabend-Stimmung. Der ein oder andere stößt dann auch mal mit einem Gläschen Sekt auf den erfolgreichen Tag an. Es wird zu kleinen Häppchen an den Ständen Smaltalk geführt und damit mental auf den nächsten Dschungeltag vorbereitet. Und dort findet sich dann auch gewiss eine neue Alice wieder, die mit ihren Unterteller-großen Augen um die Stände springt und vielleicht sogar aus ihren magischen Erlebnissen einen kleinen Blogeintrag zaubert. Nur den Elefanten, den lässt sie lieber Zuhause und nimmt sich von Anfang an ein bisschen mehr Zeit mit.
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